Wissenswertes rund ums Thema Modellflug von heute
Lieber Modellbaufachhändler, Lieber Modellflugpilot
Nicht nur der Kalender, sondern auch ein Blick aus dem Fenster verrät uns: Der Winter hat sich endlich verabschiedet. Steigende Temperaturen zeugen nicht nur von Frühling, sondern läuten ebenso die Vorfreude zur nächsten Flugsaison ein. Die Modelle sind im Bastelkeller längst wieder flott gemacht und alles ist somit bereit für den ersten Start des Jahres.
Damit Sie die Flugsaison auch im 2016 wieder in vollen Zügen geniessen können, möchten wir Ihnen hiermit gerne ein paar Tipps und Hinweise mit auf den Weg geben. Auch wenn Vieles davon vielleicht bekannt sein dürfte, so stellen wir immer wieder fest, dass eine Wiederauffrischung einiger Hinweise von Zeit zu Zeit sinnvoll ist. Vielleicht haben auch Sie sich über den Winter ein neues Modell aufgebaut und bei der Auswahl der verschiedenen Komponenten auf ihre Erfahrungen mit anderen Modellen zurückgegriffen, wohlwissend, dass Sie bis jetzt ja so auch immer gut gefahren – pardon - geflogen sind. Solche Vorgehensweisen sind menschlich durchaus nachvollziehbar, aber trotzdem bergen sie ein paar Gefahren, wenn man blindlings auf seinen eigenen Erfahrungsschatz vertraut und somit die rasante Entwicklung der Technik unbewusst „verschläft“. Vielmals handelt es sich aber auch um eigentliches Wissen, welches mit den Jahren einer gewissen Selbstverständlichkeit gewichen ist. Dessen sollte man sich hin- und wieder bewusst werden.
Alles beim Alten?
Eine stark von Elektronik geprägte Sparte wie RC-Modellbau unterliegt stets einer rasant schnellen Entwicklung - so wie wir das auch von Handys oder Computern kennen. Diese Entwicklung eröffnet uns einerseits technische Möglichkeiten, von denen wir noch vor 5 Jahren nur zu träumen gewagt hätten - andererseits verändern sich damit natürlich auch gewisse Anwendungen und Anforderungen an unsere Modelle, und wir müssen uns vielleicht von einigen Erkenntnissen und gewonnenen Erfahrungen trennen, die noch vor wenigen Jahren Gültigkeit hatten.
Grösser-Weiter-Schneller
Durch eine stetig verbesserte Effizienz und Weiterentwickung ist der Modellbau heute soweit fortgeschritten, dass uns praktisch kaum mehr Grenzen gesetzt werden. Dies gilt auch in finanzieller Hinsicht, sodass sich heutzutage praktisch jedermann den Traum eines grossen und teuren Modells erfüllen kann, welches punkto Leistung und Komplexität ganz neue Anforderungen an uns stellt. Auch Sie als Pilot werden plötzlich mit einer Technik konfrontiert, die es zu verstehen gilt, und welche mit Modellbau vor 20Jahren nicht mehr viel gemeinsam hat. Begriffe wie Brushless, Hi Voltage, Digital, 2.4Ghz, Telemetrie, FPV etc gehören längst zum unumgänglichen Standard. Wir sind an einem Punkt angelangt, wo wir Elektromodelle mit mehreren Kilowatt Leistung durch den Himmel scheuchen und dabei fliessen Ströme im Hundert-Ampere-Bereich. Diese Technik gilt es zu beherrschen, wollen wir doch dieses Hobby sicher und ohne Risiko für uns und andere Mitmenschen betreiben. Das Wort Eigenverantwortung hat somit auch eine Bedeutung erlangt, die sowohl für uns Hersteller / Importeure aber vor allem auch demjenigen hinter der Fernsteuerung - sprich: dem Piloten - bewusst sein muss, welches Risiko und welche Verantwortung er bei der Ausübung seines Hobbys trägt.
Am Beispiel von Servos lässt sich die Entwicklung deutlich aufzeigen: Die Hersteller von Elektronikkomponenten sind heutzutage in der Lage, ein Standart-Servo mit Stellkräften von 50kg und mehr zu liefern. Diese Kraftzwerge benötigen entsprechend etwa das 5-fache an Strom, was ein Servo noch vor 20 Jahren benötigt hat. Entsprechend ist auch der Strombedarf unseres Modells gestiegen. Diesem Umstand gilt es unbedingt Rechnung zu tragen. Leider ist es immer noch so, dass die häufigste Absturzursache (nebst klassischem „Verknüppler“) eine unzureichende Modell-Stromversorgung zugrunde liegt.
Knackpunkt Stromversorgung meines Modells
Die Stromversorgung Ihres konkreten Modells können Sie auf mehrere Arten gestalten. Das Wichtigste dabei ist aber, sich im Klaren zu sein, wie gross der Strombedarf meines Modells überhaupt ist. Dabei genügt es längst nicht mehr, sich auf irgendwelche Erfahrungswerte zu verlassen. Ebenso unzureichend ist es, die Stromversorgung anhand ein paar Knüppelbewegungen auf dem Basteltisch abschätzen zu wollen. Der effektive Strombedarf eines Modells lässt sich nur im Flug ermitteln! Bereits mittelgrosse Modelle wie 600er Helikopter oder 2m Akromaschinen erreichen Spitzenströme von gegen 100A im Antriebstrang. BEC –Ströme von >20A sind bei komplexen Flugmanövern wie 4-Zeitenrolle eher die Regel als die Ausnahme. Die heutige Technik erlaubt es dazu längst, den Stromverbrauch im Flug zu ermitteln, sei es durch Telemetrie oder durch Datenaufzeichnung auf geeignete Speichermedien. Nicht ohne Grund verfügen Flybarless-Systeme längst über extra „Stressprogramme“, wo ein BEC-System gefahrlos an seine Grenzen gebracht werden kann, um den Stromverbrauch korrekt zu ermitteln. Andere Hilfsmittel wie Akkuweichen oder Powerbus-Systeme ermöglichen sogar getrennte Stromkreise, um die Servos getrennt vom Empfänger zu versorgen. Solche Systeme sind gerade für kostspielige Grossmodelle ein Muss - kann doch der hohe Strombedarf eines solchen Modells längst nicht mehr über den Empfänger abgewickelt werden. Als willkommener Nebeneffekt wird dabei aber die Gefahr von Rückstromkoppelungen, wie sie von Servos im „Schiebebetrieb“ entstehen können, gezielt vom Empfänger ferngehalten.
Vielfalt an Komponenten verschiedenster Hersteller
Ein weiteres Phänomen der heutigen Modellbautechnik ist die längst unübersichtlich gewordene Vielfalt an Komponenten, welche wild zusammengewürfelt in unsere Modelle verbaut werden: Regler, Motor, Kreisel, Telemetrie, Kamera, Akku, Servo, Empfänger etc…nicht selten kommen in einem Flugmodell dabei 5 verschiedene Hersteller oder mehr zum Einsatz. Diese sollen dann als Ganzes komplexes System miteinander harmonisieren, kommunizieren, ja noch besser quasi plug & play auf Anhieb funktionieren. Dabei wird gerne ausser Acht gelassen, dass es für einen Hersteller schlichtweg unmöglich ist, alle Eventualitäten und möglichen Konfigurationen zu testen bzw auf sämtliche Hinweise in der Anleitung einzugehen. Viele Hersteller testen Ihre Entwicklungen „in den eigenen Reihen“, also mit Komponenten aus eigenem Hause. Nur für diese Konstellationen garantiert er eine perfekte Funktionsweise, unter Berücksichtigung der in der Anleitung beschriebenen Einsatzweise. Weicht der Endkunde von diesen Empfehlungen ab, obliegt es seiner Eigenverantwortung , dass ein perfektes Zusammenspiel der verbauten Elektronik jederzeit einen sicheren Umgang mit seinem Modell ermöglicht. Dabei sind Einsatzgebiet wie Flugplatz, Halle, aber auch eigenes Können und Einsatzgebiet des Modells (Kunstflug, 3D, Scale, Wettbewerb ) oder auch Witterung zu berücksichtigen, denn nicht überall und jederzeit herrschen identische Bedingungen vor. Ein Hersteller kann nur die am wahrscheinlichsten und bestmöglichen Einsatzbedingungen berücksichtigen, ohne dabei die persönlichen Absichten oder Kenntnisse eines jeden Piloten zu kennen.
2.4GHz- alles prima?
Mit der Einführung des 2.4GHz Systems zur Nutzung für Funkfernsteuerungen wurde der Modellbau richtiggehend revolutioniert. Endlich sorgenfreies Fliegen, ohne sich um den verwendeten Funkkanal kümmern zu müssen! Ein Sicherheitsgefühl, wie es bis anhin nie vorhanden war, schwirrt seitdem in all unseren Köpfen mit und lässt uns alle Sorgen um Kanalwirrwarr oder Störungen vergessen. Dabei wird völlig ausgeblendet, dass sich am eigentlichen System der „Modellkontrolle“ gar nichts geändert hat: Wir befehlen unser Modell nach wie vor über eine Funkstrecke. Eine Funkstrecke ist keine mechanische Verbindung zwischen dem Piloten und dem Modell. Als solche kann auch eine 2.4Ghz Funkstrecke niemals jederzeit und an jedem Ort für 100% „Funktionsgarantiert“ angesehen werden. Zudem kommt noch, dass das 2.4Ghz Band nicht den Modellfliegern alleine gehört, sondern von vielen anderen Anwendern mitbenutzt wird, deren Anzahl täglich zunimmt. (Handy, WLAN, Industrieanwendungen etc). Dies führt zu einer täglich zunehmenden Belastung des 2.4GHz Bandes, was wiederum ständig neue Vorschriften nötig macht, um das Band optimal für alle Nutzer brauchbar zu gestalten.
(Über die neusten Bestimmungen und eine optimale Verwendung von Futaba Übertragungssystemen haben wir bereits an anderer Stelle hingewiesen).
Wie Sie nun sicher feststellen- das Thema RC Modellbau ist auf der einen Seite ein faszinierendes, aber auch forderndes Hobby. Auch wenn wir hier im eigenen Sinn nur Spielzeuge bewegen, so schwingt doch eine gehörige Portion Verantwortung, Risikobereitschaft und Eigeninitiative mit. Nur wer sich mit der Technik auseinandersetzt und sein Modell bzw die Funktionsweise der Technik besser versteht, kann dieses wunderbare Hobby auch entsprechend sicher und sorgenfrei ausüben und geniessen.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen alle eine tolle Flugsaison 2016 mit viel Sonnenschein und trockenem Flugwetter.